Zuletzt aktualisiert am 22. November 2018
Gastbeitrag von Jenny vom Weltwunderer-Blog
Freedom Camping unter freiem Himmel, ohne die Annehmlichkeiten (und die Kosten) eines Campingplatzes, das ist heutzutage nicht mehr überall möglich. In Neuseeland bietet es sich aus mehreren Gründen an – und viele, die es auf ihrer Campervan-Reise ausprobieren, sind begeistert.
Neuseeland ist ein kleines Land mit noch weniger Einwohnern, aber viel Natur. Die Highways sind wenig befahren und führen durch herrliche Landschaften, alle paar hundert Meter winken extra angelegte Rastplätze zum Picknicken und Aussicht-Genießen. Es ist genug Platz, um überall ein freies Fleckchen zu finden, wo ihr in Ruhe und Abgeschiedenheit euer Abendessen grillen, nachts den Wellen lauschen und den immensen Sternenhimmel bewundern könnt.
Die Einwohner sind Touristen gegenüber offen und freuen sich sogar (meistens), wenn jemand für eine Nacht bei ihnen vorbeischaut. Das Tüpfelchen auf dem i ist schließlich das dichte Netz an öffentlichen Toiletten, die allesamt gut in Schuss und sauber sind und auf Gäste warten – ohne Gebühren, versteht sich.
Neuseeland-Reisende, die sich mal beim Freedom Camping probieren wollen, haben einen weiteren Vorteil: In der Regel ist man in Neuseeland im Wohnmobil unterwegs (die kleineren Modelle werden auch „Campervan“ genannt). Was ist einfacher, als dieses rollende Heim irgendwo in der freien Natur abzustellen, die Kochplatte anzuwerfen und das Bett auszuklappen? Schlechtem Wetter, niedrigen Temperaturen und gruseligen nächtlichen Geräuschen trotzt das Wohnmobil besser als ein Zelt, ihr müsst es nicht extra aufbauen und seid am nächsten Morgen schnell wieder auf dem Weg. Mit Toilette und Wasserversorgung an Bord hinterlasst ihr an der Campingstelle idealerweise nur eure Reifenabdrücke.
Freedom Camping in Neuseeland – Das müsst ihr darüber wissen
Wie auch in den skandinavischen Ländern gilt bzw. galt in Neuseeland eine Art „Jedermannsrecht“, das es prinzipiell überall erlaubt, sein Zelt aufzuschlagen oder einen Campervan abzustellen. Wohlgemerkt: Solange sich niemand dadurch gestört fühlt, und ohne dass ihr Müll und andere Hinterlassenschaften zurücklasst.
Klingt soweit ganz einfach und vernünftig – ist es aber seit einigen Jahren leider nicht mehr. Unter der zunehmenden Zahl an Besuchern, über die sich Neuseeland freut, sind eben auch immer mehr schwarze Schafe, die das Prinzip Freedom Camping missverstehen und ausnutzen: als kostenlose Übernachtungsmöglichkeit, bei der keine Rücksicht auf die Bedürfnisse und Wünsche anderer Menschen genommen wird.
Was ist der „Freedom Camping Act“?
Dass ihr an Übernachtungskosten sparen wollt, ist angesichts horrender Flugpreise und hoher Tagesmieten für die Wohnmobile verständlich. Warum sollt ihr auch noch extra Geld dafür bezahlen, euren Van auf einem Campingplatz abzustellen? Je nach Saison verlangen Campsites in Neuseeland 50 NZD und mehr pro Nacht.
Sparfüchse, die auf ihrer Neuseeland-Reise jeden Cent umdrehen, gehen aber teilweise so weit, dass sie auf Campingplätzen Klopapier klauen und dort heimlich die Duschen benutzen (das nennt man dann „shower theft“ und es ist in den Augen der Campsite-Betreiber kein Kavaliersdelikt!). Und immer wieder gehen Skandale durch die neuseeländische Presse, bei denen (vermeintlich) ausländische Freedom-Camper ihre Stellplätze als Müllhalden hinterlassen oder dort zum Leidwesen der Anwohner wochenlang Partys feiern.
Das alles muss doch wirklich nicht sein, oder? Seit einigen Jahren versucht die neuseeländische Tourismus-Industrie daher, ihre Besucher zu erziehen.
Das beginnt mit der einfachen Grundregel:
If in doubt, assume nothing – always ask a local
Übersetzt: Wenn ihr nicht sicher seid, fragt lieber einen Anwohner, als einfach euer Wohnmobil irgendwo abzustellen.
Ein paar ergänzende Regeln lassen sich ebenfalls leicht merken:
- weder Müll noch Abwasser oder Fäkalien hinterlassen
- abends und nachts keinen Lärm machen
- nur eine oder zwei Nächte an derselben Stelle bleiben
- wo schon viele andere Freedom Camper stehen, besser weiterfahren
- auf Privatgelände oder in Wohngebieten nur campen, wenn ihr vorher gefragt habt
- keine Feuer entzünden, es sei denn, es ist an einer Feuerstelle ausdrücklich erlaubt
Für einige (ob nun einheimische Camper oder Touristen, bleibt offen) war und ist es offenbar trotzdem zu schwierig, sich all das zu merken. Immer mehr Gemeinden gingen deshalb den Schritt, das Recht auf Freedom Camping einzuschränken oder es ganz zu verbieten.
Seit dem Jahr 2011 gilt in Neuseeland der „Freedom Camping Act“. Anders, als viele glauben, untersagt dieses Gesetz Freedom Camping nicht generell, im Gegenteil: Es legt fest, dass keine neuseeländische Gemeinde das Übernachten auf öffentlichem Grund komplett verbieten darf. Der Leitsatz lautet:
Nur dort, wo „verboten“ dransteht, ist Freedom Camping nicht erlaubt.
Jeder Gemeinde steht es allerdings frei, den „Freedom Camping Act“ mit einer eigenen Regelung zu interpretieren. So gelten inzwischen zig verschiedene „bylaws“ zum Freedom Camping, über die man sich als Tourist in jedem Distrikt eigens informieren muss. In vielen Ortschaften ist Freedom Camping heute nur noch auf eigens ausgewiesenen Stellplätzen oder in bestimmten Arealen erlaubt. Daneben gelten oft Vorschriften, wie viele Nächte maximal an einem Platz gecampt werden darf und auch, mit welcher Art von Wohnmobil. Ansonsten blicken Reisende leider oft auf Schilder, die „No camping“ oder „No overnight staying“ sagen.
Wie findet man einen kostenlosen Wohnmobil-Stellplatz?
Wer weiß, wo er nachschauen muss, findet aber auch heute noch in jedem Teil des Landes kostenlose und schöne Stellplätze für sein Wohnmobil.
Zum einen sind das alle DOC-Campsites der Basic-Kategorie. Hier gibt es keinen Stromanschluss und oft kein Wasser, aber meistens eine Toilette und fast immer eine tolle Lage mitten in der Natur. Auch im unerschlossenen Backcountry ist Freedom Camping nach wie vor legal (man muss nur erst einmal hinkommen).
Wer nicht ganz so abgeschieden campen mag, der kann sich in der örtlichen i-Site informieren, welche Regelungen fürs Freedom Camping gelten und ob die Gemeinde eigens ausgewiesene Stellplätze dafür anbietet.
Und schließlich gibt es eine ganze Reihe an Onlinequellen, die legale und kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten verzeichnen:
- Auf rankers.co.nz könnt ihr gezielt nach kostenlosen Stellplätzen in jedem District Neuseelands suchen. Eine kostenlose App gibt es für iPhone und Android.
- Auch auf campermate.co.nz kann man online und per kostenloser App nach Freedom-Camping-Stellplätzen, öffentlichen Toiletten und dump stations suchen.
- Die Crowdsourcing-App nz.wikicamps.co kostet je nach Betriebssystem (es gibt sie auch für Windows Phones!) etwa 2 US$, bietet dafür aber bequeme Filtermöglichkeiten (etwa nach maximaler Anreisezeit oder vorhandener Toilette).
- Auf dem Neuseeland-Infoblog weltwunderer.de wird ein Ebook mit fast 500 legalen Freedom Camping Spots (auf Deutsch, inklusive GPS-Daten, Anfahrtsbeschreibungen und Kennzeichnung des „Self Containment“-Zertifikats) angeboten (Update 11/2018: Das eBook wird gerade neu überarbeitet und ist derzeit offline).
Was hat es mit „Self Containment“ auf sich?
Eine der wichtigsten Änderungen des „Freedom Camping Act“ 2011 war die Einschränkung der Freedom-Camping-Erlaubnis: Nur Wohnmobile, die sich über mehrere Tage autark versorgen können, bekommen die begehrte „Caravan Self Containment Certification“.
Dafür muss ein Wohnmobil unter anderem die Frischwasserversorgung für mindestens drei Tage gewährleisten sowie einen Auffangbehälter für Schmutzwasser und einen für “septic waste” besitzen, zu Deutsch: eine Toilette.
Zwar ist die „Self Containment“-Plakette an der Windschutzscheibe nicht auf allen Freedom-Camping-Stellplätzen zwingend vorgeschrieben, aber doch auf den meisten. Wer also das Pech hat, ein Miet-Wohnmobil ohne das Zertifikat zu erwischen, für den hat sich das Thema in der Regel schon erledigt. Und auch Käufer von kleinen, gebrauchten Campervans haben hier meist das Nachsehen, denn fast keiner der kleinen, in Handarbeit aufgemöbelten Kastenwagen verfügt über die nötigen Voraussetzungen für die Plakette.
Wollt ihr also in eurem Neuseeland-Urlaub mal Freedom Camping probieren, dann geht entweder 100 % sicher, dass euer Miet-Wohnmobil zertifiziert ist (einige Vermieter bieten das in allen Fahrzeugen an, andere nur in einigen oder auch gar nicht) oder recherchiert schon vorher, ob es auf eurer Route auch Stellplätze gibt, die ohne „Self Containment“-Zertifikat erlaubt sind.
Wie werden Verstöße geahndet?
Einfach mal abends links ranfahren und das Bett ausklappen, wird schon nichts passieren – diese Einstellung solltet ihr euch genau überlegen. Gerade während der Hauptsaison zwischen Dezember und Februar und in touristisch beliebten Gegenden wird die Einhaltung der Freedom-Camping-Bylaws streng kontrolliert. Dann kann es sogar passieren, dass ihr ein Knöllchen an eurer Windschutzscheibe findet, obwohl ihr die Nacht in einem Motel verbracht habt (in dem Fall einfach fix zur örtlichen Polizei gehen und eine Bestätigung dieser Übernachtung vorlegen, dann müsst ihr das Bußgeld nicht bezahlen).
So ein Knöllchen wegen illegalem Freedom Camping kostet sportliche 200 NZ$; und das wird auch schon dann ausgestellt, wenn ihr an einem nicht erlaubten Stellplatz abends mit aufgebautem Bett oder am gedeckten Abendbrottisch angetroffen werdet. Erwischt man euch beim Wegkippen von Schmutzwasser oder gar eurer Toilette, kann euch das bis zu 10.000 NZ$ kosten! Auf jeden Fall wird man euch auffordern, euren Stellplatz unverzüglich zu verlassen. Auch das sind mitten in der Nacht keine schönen Aussichten.
Mehr Informationen und praktische Tipps zum Freedom Camping in Neuseeland gibt Jenny Menzel auf dem Weltwunderer-Blog. Hier könnt ihr auch das brandneue Ebook „Freedom Camping in Neuseeland“ mit fast 500 legalen Freedom Camping Spots auf Nord- und Südinsel (darunter 110 Stellplätze ohne „Self containment“-Vorschrift) kaufen. Ebook: „Freedom Camping in Neuseeland“, 58 Seiten, PDF, Preis: 4,99 €.
In Jenny Menzels Ratgeber „Als Dach der Sternenhimmel: Camping in Neuseeland“ (2. Auflage 2016) findet ihr außerdem alles, was ihr sonst noch über eine Wohnmobil-Reise in Neuseeland wissen müsst.
Buchinformationen: Jenny Menzel: „Als Dach der Sternenhimmel: Camping in Neuseeland”, 192 Seiten, 68 farbige Abbildungen, Format 21 cm x 14,8 cm (DIN-A5), erschienen 2014, 2. Auflage 2016, Preis: 16,95 €, ISBN: 978-3-9815717-9-0
Habt ihr Fragen oder Kommentare zum Thema Freedom Camping in Neuseeland? Dann rein damit in die Kommentare.
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Hi Steffi,
ich bin in kürze in Neuseeland, und habe gesehen, dass du auf dem Foto einen Britz (HiTop?) hast.
Den würde ich auch gerne Mieten und wollte Dich Fragen, ob Du weißt, ob dieser „Self-contained“ ist.
Von vier verschiedenen Reisebüros habe ich leider vier verschiedene Antworten erhalten, und von Britz selbst habe ich noch keine Antwort erhalten.
Vielen Dank und Liebe Grüße,
Markus
Lieber Markus,
wir hatten tatsächlich ein ganz anderes Modell. Der Beitrag, den du dir angeschaut hast, ist ein Gastbeitrag von Jenny vom Blog Weltwunderer (http://www.weltwunderer.de/) Bei ihr handelt es sich tatsächlich um eine absolute Neuseeland-Expertin. Schau mal auf ihrem Blog vorbei. Mit Sicherheit wird sie auch alle deine Fragen zu Neuseeland bzw. dem Britz beantworten – bestimmt auch schneller als ich (sorry für die späte Antwort)
Liebe Grüße
Steffi
Hallo Marcus,
Wo und wie kommt man denn an diese Selfcontained Plakette?
Gruß Ute
Hallo Ute,
Antwort auf Deine Frage bekommst Du bei meiner Kollegin Jenny: https://www.weltwunderer.de/freedom-camping-in-neuseeland-infos-regeln-strafen/#Wo_bekommt_man_die_Plakette
VG Steffi