Zuletzt aktualisiert am 27. November 2018
Meine nackten Oberschenkel kleben vor Hitze an dem harten Plastiksitz unter mir. Meine Unterschenkel sind mit denen meiner Sitznachbarn verschmolzen. Ich sinniere gerade darüber, ob es bei einer 30 km langen Off-Road-Strecke durch Sand und Dünen für das Wohlbefinden besser oder schlechter ist, ein wenig mehr Speck am Hintern zu haben. Unterdessen krallen sich meine Finger in die Holzlatte vor mir. Aus Angst. Denn für meine Verhältnisse neigt sich der Pick-Up oftmals bedenklich weit nach rechts oder links.
Wie lange wird die Fahrt wohl dauern? Um mich abzulenken, versuche ich unsere Fahrtgeschwindigkeit und somit meine gesamte Leidensdauer zu schätzen. Mit zwei Stunden Off-Road liege ich nicht schlecht. Die Zeit geht mit diesem Wissen allerdings nicht schneller vorbei. Auch nicht, wenn ich alle fünf Minuten auf die Uhr schauen. Wir wackeln an einer Ziege vorbei, die in aller Seelenruhe am Wegesrand pinkelt. Ich frage mich, ob ich bis zu diesem Zeitpunkt schon einmal auf eine Ziege neidisch war? Wahrscheinlich nicht.
Wozu diese Strapazen, frägst du dich jetzt wahrscheinlich.
Weil ich auf dem Weg nach Barreirinhas bin. Von diesem kleinen Ort in Brasilien lässt sich der Nationalpark Lençóis Maranhenses – mein eigentliches Ziel – am besten erkunden.
Ich befinde mich also auf dem Weg von Parnaiba, welches nur 182 km östlich von meinem Ziel liegt, nach Barreirinhas. Dennoch benötige ich für die komplette Strecke ca. 8 Stunden von Unterkunft zu Unterkunft. Alternativ gibt es noch den Umweg über das westlich von Barreirinhas gelegene Sao Luis, um auf die oben beschriebenen Strapazen der Off-Road-Fahrt zu verzichten. Der Umweg ist allerdings acht Stunden lang und mit einer Zwischenübernachtung in Sao Luis verbunden.
Um die komplette Strecke an einem Tag zu bewältigen, klingelt mich der Wecker um kurz nach fünf aus meinem Schlaf. Um sechs Uhr fährt der Bus in Parnaiba ab. Mein erstes Ziel: Tutoia. Die Fahrt dauert nur 2,5 Stunden. Allerdings ist der Bus eine fahrende Gefriertruhe (scheinbar stört sich niemand außer mir an den eisigen Temperaturen) und so kommt mir die Fahrt ewig vor.
Ab dem kleinen Dörfchen Tutoia wird die Beschreibung im Reiseführer kryptisch, was die genaue Weiterreise anbelangt. Egal, erst mal raus aus dem Bus und mit allen Gliedmaßen wackeln. Sehr gut, die Zehen lassen sich noch bewegen.
Ehe ich mich versehe, werde ich in einen VW Bus verfrachtet mit Ziel Paulino Neves. Keine Zehn Minuten später ist der Bus voll und rollt los. Die bisher unbefestigte Piste ist neu ausgebaut worden und keine halbe Stunde später bin ich am Ziel. Vor mir steht ein geländegängiger Pick-Up, mit mehreren Sitzreihen, der mich die nächsten 2,5 Stunden bis Barreirinhas gehörig durchschütteln wird. Die Fahrt ist nichts für schwache Nerven.
Als ich endlich in Barreirinhas ankomme, bin ich ein gefundenes Fressen für den einen „Schlepper“, der sich auf den einzigen Touristen im Fahrzeug – nämlich mich – stürzt. Mir ist alles egal. Leicht benommen, mit weichen Knien, hungrig, durstig und mit dem ganz starken Bedürfnis nach einer Toilette (ich habe es der Ziege nicht nachgemacht und verkneife immer noch), lasse ich mich mehr oder wenig bereitwillig zu einer Unterkunft führen. Natürlich will ich noch ein Wörtchen mitreden, andererseits bin ich gerade über jede Bleibe froh, die sauber ist und dem Reise-Budget entspricht. Die „vermittelte“ Unterkunft war übrigens super.
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Und wofür nochmal die ganzen Strapazen der beschwerlichen Anreise?
Glaub mir, die Anreise hat sich gelohnt. Denn unweit von Barreirinhas liegt der Nationalpark Lençóis Maranhenses – die einzige Wüste Brasiliens. Der 1.550 Quadratkilometer große Park besteht aus festen und Wanderdünen, die wie über die Landschaft verstreute Bettlaken aussehen. Ähm, na ja, das liegt wohl im Auge des Betrachters. Lençóis heißt allerdings tatsächlich Bettlaken.
Die Landschaft, die durch die Sanddünen geformt wird, ist wunderschön. Noch spektakulärer wird der Lençóis Maranhenses durch die Seen, die in dieser Wüste zu finden sind. Wasser in der Wüste? Genau. In der Regenzeit versickert das Wasser nicht vollständig und zurück bleiben kristallblaue Süßwasserlagunen, in denen nach Herzenslust geplanscht werden kann.
Touren in den Lençóis Maranhenses Nationalpark
Eine reguläre Tour von Barreirinhas in den Lençóis Nationalpark kostet 60 Reais und dauert ca. 4,5 Stunden. Es gibt eine Tour am Vormittag oder am Nachmittag. Ich empfehle dir den Besuch am Nachmittag, da du dann auch den Sonnenuntergang im Nationalpark genießen kannst.
Es gibt übrigens auch Rundflüge und Mehrtageswanderungen mit Übernachtungen. Bei welchem Anbieter du die Tour buchst, ist egal. Die Preise und die Leistungen scheinen überall gleich.
Die Anfahrt in den Nationalpark ist wiederum ein kleines Abenteuer. Die Fahrer sind wahre Könner, denn die Reifen der Pick-Up Trucks sind teilweise komplett im Sand vergraben und die Autos schlingern hin und her. Dennoch sind wir ohne liegen zu bleiben gut angekommen.
Während der Tour konnten wir in zwei verschiedenen Lagunen baden und zu Fuß durch diese spektakuläre Landschaft spazieren. Weit sind wir nicht gekommen, denn das Laufen im Sand ist anstrengend und die Sonne scheint unerbittlich. Der Wind pfeift ebenfalls kräftig und sobald die Sonne verschwindet, kann dieser unangenehm werden. Zumindest, wenn man nach dem Baden keine Kleider zum Wechseln dabei hat.
Nicht vergessen für deinen Besuch des Lençóis Maranhenses Nationalparks: Viel Wasser, Sonnencreme, einen Hut und trockene Wechselkleidung einpacken!
Die beste Reisezeit für den Lençóis Maranhenses Nationalpark
Die beste Reisezeit ist von März bis September, denn später im Jahr trocknen die Seen aufgrund ausbleibenden Regens aus. Ich war übrigens in der zweiten Oktoberhälfte und habe noch genügend Wasser vorgefunden.
Anreise zum Lençóis Maranhenses Nationalpark – Von Parnaiba nach Barreirinhas
- Bus von Parnaiba nach Tutoia; Abfahrt ist um 6:00 Uhr im Zentrum von Parbaiba mit dem Busunternehmen Coimbra (der Taxifahrer wird die Haltestelle kennen); Kosten: 16 Reais; Dauer: ca. 2,5 – 3 Stunden
- VW-Bus von Tutoia nach Paulino Neves. Die Busse warten schon an der Haltestelle in Tutoia; Kosten: 8 Reais; Dauer: ca. 30 Minuten
- Pick-Up von Paulino Neves nach Barreirinhas. Der Pick-Up wartet auf den VW-Bus; Kosten: 20 Reais; Dauer: ca. 2,5 Stunden
Unterkünfte in Barreirinhas
Der Ort ist recht klein und die Unterkünfte sind oftmals sehr einfach, dafür aber preiswert. Entweder du suchst dir vor Ort spontan eine Bleibe, hängst dich an einen „Schlepper“ oder buchst vorab zum Beispiel über Booking.com etwas Passendes.
Der Lençóis Maranhenses Nationalpark war definitiv eines meiner Highlights auf meiner Reise durch Brasiliens Nordosten.
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Liebe Steffi,
ich plane gerade für den September/Oktober eine 3 Wöchige Brasilienreise auf der ich auch den Lencois Maranhenses Nationalpark besuchen wollte. Ich habe bereits einen Flug von Salvador nach Sao Luis und wollte anschließend von Sao Luis zurück nach Rio de Janeiro fliegen. ich frage mich nur gerade, wieviele Tage ich dazwischen einplanen soll. Deiner Beschreibung nach braucht man schon für An- und Abreise zum Nationalpark jeweils einen Tag. Lohnt es sich in Barreirinhas noch einen extra Tag zu verbringen oder ist der Ort an sich nicht sonderlich sehenswert? Mir würde ein Tagesausflug in den Nationalpark reichen. Und hattest du auch Zeit in Sao Luis verbracht und kannst das empfehlen?
ich würde mich riesig über eine Antwort freuen!
Liebe Grüße,
Sarah
Hey Sarah,
ich bin ja vom Osten – von Parnaiba – nach Barreirinhas gereist. Von dort dauert die Anreise sehr lang, denn es gibt ab einem bestimmten Punkt keine Straße mehr und es geht Off-Road weiter. Von Sao Luis sind es, soweit ich mich erinnere, ca. 5 Stunden nach Barreirinhas. Also gut machbar.
Ich hab einen Tagesausflug von Barreirinhas in den Nationalpark gemacht. Bzw. war es tatsächlich nur ein Halbtagesausflug.
Sao Luis hat mir wirklich sehr gut gefallen. Leider war ich krank und konnte nicht ganz so, wie ich es mir gewünscht habe.
Barreirinhas ist ein kleines, verschlafenes Fischerdörfchen mit einer Mini-Hafenpromenade ein paar gemütlichen Restaurants. Zu sehen gibt es nicht viel, mir hat aber zum einen die ruhige Atmosphäre gefallen und zum anderen reise ich lieber langsam und kann mir einfach mal Zeit für mich nehmen. Deswegen habe ich drei Tage in Barreirinhas verbracht.
Ich hoffe, ich konnte Dir weiterhelfen bei Deiner Planung.
Liebe Grüße
Steffi
Danke dir für deine schnelle Antwort! Hat mir auf jeden Fall geholfen :)
Liebe Reisenden,
mittlerweile gibt es eine Straße zwischen Parnaiba und Barreirinhas, der die Fahrt von 2h auf 30min abkürzt! Yay! Barreirinhas ist ein nettes Örtchen, empfehlenswerter für einen Aufenthalt ist Atins, direkt am Strand, an der Mündung des Rio Preguiças. Von dort kann man ebenfalls alle Ausflüge in den Nationalpark starten,ob zu Fuß, zu Pferde oder mit dem Quad ;)
Wir waren mit RootsTurismo (www.facebook.com/rootsturismobrasil )
unterwegs und meht als zufrieden! Wir haben mit dem Paar der Agentur eine 3tägige Wanderung durch die Wüste gemacht und zehren noch immer von den Erinnerungen! Einmalig und Spektakulär!
Vielen lieben Dank für das Update und deine Tipps. Witzig war es ja schon, so ohne Straße – aber natürlich auch unbequem.
Beste Grüße Steffi
Cooler Tip, fliege in ein paar Tagen nach Belém. Und natürlich dürfen der Nationalpark aber auch Jeri nicht fehlen. Hast Du noch mehr Tipps?:)
Liebe Grüße, Elaine
Liebe Steffi,
Ich habe deine Brasilieninfos sehr interessiert verfolgt! Wir stehen jetzt vor der Entscheidung , unseren Sohn
In Brasilien zu besuchen. Er studiert dort ein Semester, weiß allerdings noch nicht, wie er Zeit hat…. Wir wollen
uns dabei natürlich auch das Land anschauen…
Inzwischen waren wir auch im Reisebüro, es ist sehr teuer, überall braucht man nach deren Auskunft einen
Guide ( wir sprechen kein Portugiesisch) und eben auch unsicher…
Wir würden uns z. B. Rio de Janeiro selbst an anschauen ohne Guide, der 200€ kostet…
Auch brauchen wir kein 5 Sterne Hotel… Könnte man sich auch vor Ort ein Zimmer besorgen?
Hast du einen Tipp ?
Lieben Gruß
Hilde A.
Hallo Hilde,
ja. Brasilien ist wirklich teuer und ganz vieles kann man einfach nur mit Guide unternehmen. Einfach, weil wir die Sprache nicht können und teilweise auch aus Sicherheitsgründen. Zum Beispiel ist die Frage, ob in den 200 Euro auch schon Fahrtkosten dabei sind? Rio ist ja ziemlich groß. Von A nach B mit dem Bus ist günstig, aber auch ein Abenteuer. Das müsst ihr euch schon zutrauen. Vor Ort könnt ihr euch sicherlich auch ein Hotel besorgen. Oder zum Beispiel über eine Buchungsplattform wie booking.com. Es gibt in Rio eine große Auswahl an Unterkünften.
Liebe Grüße
Steffi
Hi! Das klingt wirklich unglaublich! Weißt du noch mit welcher Tour du das gemacht hast? Ich finde online nur packages die mehrere Sachen beinhalten und dadurch immer sehr viel teurer sind… Oder hast du erst vor Ort gebucht?
Schon mal lieben Dank!
Beste Grüße
Kimberly
Hallo Kimberly,
wir haben die Tour direkt vor Ort gebucht. Leider weiß ich nicht mehr, wie der Anbieter heißt, bin mir aber sehr sicher, dass ihr spontan vor Ort noch ein Plätzchen bekommen.
Liebe Grüße
Steffi